Pränataldiagnostik: Sinnvoll oder zu viel Risiko?
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zuletzt aktualisiert am 12.12.2022 mit wissenschaftlichen Quellen belegt |
Pränataldiagnostik: Zwischen Sinnhaftigkeit und unnötigem Risiko
Der Fachbereich der Pränataldiagnostik beinhaltet verschiedenste Untersuchungsverfahren, die das Ziel haben, mögliche Fehlbildungen und Erkrankungen des Babys zu erkennen. Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit dafür derart gering, dass der Nutzen der pränataldiagnostischen Untersuchungen umstritten ist. Erschwerend kommt hinzu, dass es keine „perfekte“ Untersuchungsmethode gibt. Bei einigen Schwangeren ist eine Durchführung von Untersuchungen der Pränataldiagnostik dennoch sinnvoll. Dieser Artikel hilft dir bei der Entscheidung, was für dich und dein Baby am besten ist.
Das Wichtigste in Kürze
Die Untersuchungen der Pränataldiagnostik werden in invasive und nicht-invasive Methoden unterteilt. Bei invasiven Methoden wird in den Körper eingegriffen, was ein erhöhtes Risiko für eine Fehlgeburt und andere Komplikationen zur Folge hat.
Nicht-invasive Methoden sind risikofrei, dafür jedoch in der Genauigkeit der Untersuchungsergebnisse weitaus weniger zuverlässig. Es gibt des Öfteren Fälle, in denen zu Unrecht ein hohes Risiko für Fehlbildungen des Babys bestimmt wurde.
In den meisten Fällen haben pränataldiagnostische Untersuchungen keinen Sinn. Einzig bei medizinischer Notwendigkeit und dem Vorliegen einer Risikoschwangerschaft sind bestimmte Untersuchungen empfehlenswert.
Was ist Pränataldiagnostik?
Die Pränataldiagnostik umfasst mehrere mögliche Untersuchungsverfahren, die über die übliche Schwangerschaftsvorsorge hinausgehen. Bei der gewöhnlichen Vorsorge, für die die Krankenkasse die Kosten übernimmt, sind drei Untersuchungen in der Schwangerschaft geplant. [1]; [2]; [3] Pro Schwangerschaftsdrittel gibt es einen Termin, an dem die Entwicklung des Babys und der Verlauf der Schwangerschaft kontrolliert werden. Folgende Zeiträume während der Schwangerschaft kommen für die Vorsorge infrage:
- Schwangerschaftswoche 8 + 0 Tage bis Schwangerschaftswoche 11 + 6 Tage für den ersten Termin;
- Schwangerschaftswoche 18 + 0 Tage bis Schwangerschaftswoche 21 + 6 Tage für den zweiten Termin;
- und Schwangerschaftswoche 28 + 0 Tage bis Schwangerschaftswoche 31 + 6 Tage für den dritten Termin.
An jedem dieser Termine findet eine Ultraschalluntersuchung statt.
Was ist ein Ultraschall genau?
Beim Ultraschall handelt es sich um ein bildgebendes Verfahren, bei dem deine Ärztin oder dein Arzt einen runden Schallkopf über deinen Bauch streifen lässt. Mit Hilfe der aus dem Inneren des Körpers reflektierten Schallwellen werden Bilder erstellt, die auf dem Ultraschallmonitor gezeigt werden. Auf diese Weise wird erkennbar, wie sich dein Baby entwickelt, was in seinem und deinem Inneren vorgeht und Weiteres.
Die meisten Untersuchungen verlaufen ohne jegliche Auffälligkeiten, sodass es bei vielen Schwangeren bei den drei Terminen zur Schwangerschaftsvorsorge bleibt und keine Verfahren der Pränataldiagnostik zum Einsatz kommen.
Aber: Sofern sich bei der Schwangerschaftsvorsorge Auffälligkeiten zeigen oder du selbst genauere Untersuchungen wünschst, rückt die Pränataldiagnostik ins Blickfeld. Teilweise kommen bekannte Methoden wie der Ultraschall zum Einsatz, wobei diesmal andere Aspekte als bei der gewöhnlichen Vorsorge untersucht werden. Außerdem beinhaltet die Pränataldiagnostik eine Reihe weiterer Untersuchungsverfahren, die je nach Zeitpunkt der Schwangerschaft und medizinischer Notwendigkeit angewendet werden können.
Ziel der Pränataldiagnostik ist vor allem...
... mögliche Fehlbildungen und Behinderungen des Babys frühzeitig festzustellen. Ein Beispiel für diese Behinderungen ist die Chromosomenstörung Trisomie 21, bei der das 21. Chromosom nicht wie gewöhnlich doppelt, sondern dreifach vorhanden ist. Das Baby kommt dann mit einer körperlichen und geistigen Behinderung zur Welt, die unter dem Namen Down-Syndrom bekannt ist. Weitere Chromosomenstörungen bzw. -abweichungen sind durch die pränatale Diagnostik ebenfalls feststellbar.
Sämtliche Chromosomenstörungen sind humangenetisch und treten durch Störungen des Erbguts auf. Bei einigen Schwangeren ist das Risiko für Babys mit Genmutationen höher als bei anderen, weswegen die Pränatalmedizin durchaus eine Daseinsberechtigung hat. Im überwiegenden Großteil der Schwangerschaften werden die Babys ohne Genmutation geboren, sodass der pränatalen Diagnostik viele Personen kritisch gegenüberstehen.
Nach dieser längeren Erklärung widmen wir uns im folgenden Artikel mehreren Fragen und leiten Schritt für Schritt durch das Thema, damit du 1) bei grundsätzlichem Interesse gut informiert bist und 2) die Entscheidung für oder gegen freiwillige pränatale Untersuchungen in deiner Schwangerschaft bestmöglich triffst.
Pränataldiagnostik – wann sinnvoll?
Wie du vom Beginn dieses Artikels weißt, finden im Rahmen der drei empfohlenen Vorsorgetermine Ultraschalluntersuchungen statt. Nun könnte man meinen: „Wenn ich ohnehin schon bei meiner Ärztin oder meinem Arzt bin und ein Ultraschall gemacht wird, dann kann ich doch gleich darum bitten, ein Auge auf mögliche Fehlbildungen beim Baby zu werfen?“
Fehlanzeige! Ganz so einfach ist das nicht, denn pränataldiagnostisch ist neben der richtigen Untersuchungsmethode zudem der Zeitpunkt der Untersuchung entscheidend. Nehmen wir als Beispiel mal das Ersttrimesterscreening, über das wir einen umfangreichen Informationsartikel für dich verfasst haben:
- Das Ersttrimesterscreening beinhaltet u. a. eine Ultraschalluntersuchung, bei der eine Nackenfaltenmessung durchgeführt wird.
- Für die Dicke der Nackenfalte – auch „Nackentransparenz“ genannt – gelten bestimmte Normwerte.
- Bei Überschreitung der Normwerte von 1 bis 2,3 mm Nackendicke ist das Risiko für eine Fehlbildung beim Baby höher.
- Wie hoch das Risiko ist, ermittelt deine Ärztin oder dein Arzt anhand einer speziellen Tabelle, für deren Auswertung die Angabe weiterer Gesundheitsdaten und Messungen erforderlich ist.
Jetzt der Haken an dem Pränataldiagnostik-Ultraschall mit Nackenfaltenmessung: Die Durchführung muss zwischen der 11 SSW + 0 Tage und der 13. SSW + 6 Tage bei einer Scheitel-Steiß-Länge des Fötus von 45 bis 84 mm erfolgen. [4] Ansonsten ist die Durchführung der Nackenfaltenmessung nicht aussagekräftig, weil sich die Nackenfalte danach zurückbildet. [5]; [6]
Vergleichen wir mal den Zeitpunkt von diesem Pränataldiagnostik-Ultraschall mit der empfohlenen Vorsorgeuntersuchung im ersten Schwangerschaftsdrittel: Letztere findet zwischen der 8. SSW + 0 Tage und der 11. SSW + 6 Tage statt, sodass nur sechs Tage für einen Termin infrage kommen.
Würdest du einen solchen Termin finden, dann stehst du vor zwei weiteren Herausforderungen: dem Umfang des Termins sowie der Abrechnung der Leistung. Denn weil du die Pränataldiagnostik-Kosten als Selbstzahlerin komplett tragen musst, wäre eine Abrechnung zusammen mit der Vorsorgeuntersuchung im ersten Schwangerschaftsdrittel nicht möglich. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Gewöhnliche Vorsorgeuntersuchungen und Pränataldiagnostik-Methoden werden nie an einem Termin kombiniert.
Wenn wir uns die Frage „Pränataldiagnostik – ab wann?“ stellen, dann gelangen wir zur Erkenntnis, dass zunächst ohnehin meist die erste Vorsorgeuntersuchung stattfindet. Erst nach dieser Untersuchung kann der erste pränataldiagnostische Termin zum Ersttrimesterscreening kommen; nämlich irgendwann zwischen der 11. und 13. + 6 SSW. An diesem Termin wird auch ein Bluttest durchgeführt, der die Zuverlässigkeit der Ergebnisse aus der Nackenfaltenmessung auf 85 bis 90 % steigert. [7]
Nur invasive Pränataldiagnostik birgt eine hohe Zuverlässigkeit!
Es ist unglaublich wichtig für dich zu wissen, dass die Ergebnisse aus dem Ersttrimesterscreening Folgendes nicht können: Eine Fehlbildung beim Baby lässt sich durch den Pränataldiagnostik-Ultraschall und den Bluttest weder bestätigen noch mit Bestimmtheit ausschließen! Es wird lediglich das Risiko bzw. die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen bestimmter Fehlbildungen ermittelt.
Für eine vollkommene Klarheit ist die Wahrnehmung weiterer Termine erforderlich, bei denen riskantere Pränataldiagnostik-Methoden zum Einsatz kommen, um eine Fehlbildung mit hoher Sicherheit zu bestätigen oder auszuschließen.
Zu diesen Methoden gehören die Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung), die Chorionzottenbiopsie und die Chordozentese (Nabelschnurpunktion). All diese Untersuchungsmethoden sind Eingriffe in deinen Körper, weswegen der Begriff „invasive Pränataldiagnostik“ angewandt wird. Im Gegensatz zur nicht-invasiven Pränataldiagnostik bergen sie ein höheres Risiko für eine Fehlgeburt.
Die Risiken sind mit teils unter einem Prozent bei der Fruchtwasseruntersuchung und der Chorionzottenbiopsie ziemlich gering, aber dennoch gegeben. Eine Nabelschnurpunktion ist mit bis zu 7 % Pränataldiagnostik-Risiken das für eine Fehlgeburt riskanteste Unterfangen.
All diese Untersuchungen sind prinzipiell nur ab dem Zeitpunkt sinnvoll, ab dem in vorigen nicht-invasiven Untersuchungsmethoden ein Risiko für eine Fehlbildung deines Babys errechnet wurde. Falls du vollkommene Klarheit haben möchtest, macht die invasive Pränataldiagnostik unter Umständen Sinn.
Bei vorigen auffälligen Untersuchungsergebnissen erhältst du zudem eine ärztliche Anordnung zu den Untersuchungen, woraufhin deine Krankenkasse die Kosten übernimmt. Denn eines sei noch gesagt: Bei den invasiven Verfahren liegen die Pränataldiagnostik-Kosten mit mehreren hundert Euro bis knapp unter tausend Euro vergleichsweise sehr hoch.
Abgesehen von den bisherigen Erläuterungen kann bei einigen Schwangeren eine invasive Diagnosemethode von vornherein sinnvoll sein:
- Schwangere, die bereits ein Baby mit Chromosomenstörungen oder Fehlbildungen zur Welt gebracht haben;
- Vorliegen von Fehlbildungen oder Chromosomenstörungen innerhalb der Familie;
- und Vorhandensein medizinischer Notwendigkeit; beispielsweise kann eine Fruchtwasseruntersuchung bei Verdacht auf eine Toxoplasmose-Infektion des Babys empfohlen werden.
Zudem gibt es Schwangere, die ihr Baby im Alter von 35 oder mehr Jahren zur Welt bringen. Diese gehören grundsätzlich der Gruppe der Risikoschwangerschaften an. Zwar sind bei einer Risikoschwangerschaft Untersuchungen angeordnet, die über die gewöhnliche Schwangerschaftsvorsorge hinausgehen. Invasive Methoden sind aber darin erstmal nicht vorgesehen, sondern das bereits genannte Ersttrimesterscreening und andere nicht-invasive diagnostische Verfahren.
Weitere nicht-invasive Pränataldiagnostik und sinnvoller Zeitpunkt der Durchführung
Dienicht-invasive Pränataldiagnostik umfasst neben dem Ersttrimesterscreening zwei weitere freiwillige Ultraschalluntersuchungen. Alle nicht-invasiven Methoden haben keine besonderen Pränataldiagnostik-Risiken, weswegen sie per se nicht als gefährlich oder schädlich einzustufen sind.
Die erste der beiden verbleibenden freiwilligen Untersuchungen hat viele Namen erhalten: Fehlbildungsultraschall, Organ-Ultraschall, Organscreening, Feindiagnostik-Ultraschall. Diese Fülle an Namen hat die Untersuchung ihrer guten Präzision zu verdanken. Mittels hochwertiger Ultraschallgeräte lassen sich bei einem Termin in der 13. SSW und im Idealfall bei einem weiteren ergänzenden Termin zwischen der 20. und 22. SSW zahlreiche Fehlbildungen und Erkrankungen gut feststellen.
Als weitere Untersuchung gibt es den Doppler-Ultraschall, der ab der 20. SSW sinnvoll ist. Hierbei erfolgt eine Messung der Blutströme zur Gebärmutter und in bestimmten Blutgefäßen des Ungeborenen. Sollte deine Ärztin oder dein Arzt vermuten, dass dein Baby nicht ausreichend Sauerstoff erhält, dann empfiehlt sie bzw. er diese Untersuchung sogar und die Krankenkasse übernimmt die Kosten.
Abgesehen vom Ultraschall ist mit dem Bluttest eine weitere nicht-invasive pränataldiagnostische Methode bekannt. Bei diesem Chromosomentest (es gibt z. B. den NIPT- und den Triple-Test; Anm.) wird das mütterliche Blut entnommen, was für das Baby mit keinen Risiken verbunden ist. Allerdings lässt die Zuverlässigkeit der Bluttests zu wünschen übrig. Letzten Endes verleihen sie bei der Frage nach möglichen Fehlbildungen nicht ansatzweise so viel Sicherheit in den Ergebnissen wie die invasiven Untersuchungsmethoden.
Zwischenfazit: Vorgeburtliche Diagnostik nur zum medizinisch sinnvollen Zeitpunkt durchführen
Starten wir mit einem kompakten Überblick über alle invasiven und nicht-invasiven Methoden der Pränataldiagnostik:
nicht invasiv
- Ersttrimesterscreening
- Feindiagnostik-Ultraschall
- Doppler-Ultraschall
- Bluttest (z. B. NIPT, Triple-Test)
invasiv
- Nabelschnurpunktion (Chordozentese)
- Chorionzottenbiopsie
- Fruchtwasseruntersuchung
Wie du lesen konntest, ist für alle Ultraschalluntersuchungen der Pränataldiagnostik ein medizinisch sinnvoller Zeitpunkt vorgesehen: für das Ersttrimesterscreening, den Doppler-Ultraschall und ebenso für den Feindiagnostik-Ultraschall. Schwangere, die eine Risikoschwangerschaft haben oder eine Vorgeschichte mit Chromosomenanomalien und Erkrankungen innerhalb der Familie, sollten als Allererstes diese nicht-invasiven Untersuchungen zum empfohlenen Zeitpunkt wahrnehmen.
Die Durchführung der invasiven Untersuchungsmethoden steht grundsätzlich nur dann zur Debatte, wenn es zu Auffälligkeiten bei der nicht-invasiven Pränataldiagnostik kommt. Doch auch dann bietet es sich an, sich intensiv Gedanken über das weitere Pränataldiagnostik-Pro-&-Contra zu machen. Denn speziell die invasiven Methoden weisen erhöhte Risiken für das Baby auf und werden ethisch hinterfragt, womit wir beim nächsten Hauptpunkt unseres Artikels angekommen sind…
Pränataldiagnostik: Ja oder Nein?
In dieser Erörterung möchten wir wesentliches Pränataldiagnostik Pro&Contra zusammentragen, das bisher in dem Artikel nicht zur Geltung kam. Bei dieser Gelegenheit möchten wir auf die Infobroschüren der BZGA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) aufmerksam machen, die wir als Grundlage für die folgenden Erklärungen genommen haben. [8]
Bei allen nicht-invasiven Methoden ist die Sicherheit der wesentliche Vorteil. Weder Mutter noch Baby werden durch die Untersuchungen gefährdet. Die Sicherheit hat jedoch den Preis der mangelnden Zuverlässigkeit: Nach Erfahrungen des BZGA werden z. B. beim Ersttrimesterscreening 3 bis 5 von 100 Frauen, die das Screening durchführen lassen, von den Ergebnissen verunsichert. [9] Die Ergebnisse sind nicht absolut zuverlässig und können somit psychische Auswirkungen haben, die eigentlich vollkommen unnötig sind, weil das Baby tatsächlich gesund ist.
Auch die Nicht-Übernahme der Pränataldiagnostik-Kosten, die bei Ultraschalluntersuchungen immerhin rund 200 bis 300 Euro betragen können, ist ein Nachteil. Natürlich beruhigen unauffällige Ergebnisse, aber zur Beruhigung kannst du dir als Ersatz gern die folgende Pränataldiagnostik-Statistik ansehen:
- Laut BZGA haben nach dem Ersttrimesterscreening von 10.000 Frauen nur 19 Frauen ein Kind mit Trisomie 21.
- Bei 283 bis 483 von 10.000 Frauen wird beim Ersttrimesterscreening falscher Alarm geschlagen: Obwohl es auffällige Ergebnisse gab, bestätigt sich im Nachhinein der Verdacht der Trisomie 21 nicht.
- Wenn eine Frau besonders viel Pech hat, dann gehört sie zu den 1-3 von 10.000 Frauen, die eine Fruchtwasseruntersuchung machen lassen und dadurch eine Fehlgeburt erleiden. [9]
Besonders pikant ist der Sachverhalt im letzten Stichpunkt, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass dem Kind nichts gefehlt hat und eine Fruchtwasseruntersuchung nur aufgrund des falschen Alarms aus dem Ersttrimesterscreening stattgefunden hat. Jetzt kannst du wahrscheinlich nachvollziehen, wieso die Pränataldiagnostik-Ethik immer Fragen aufwirft: Was passiert, wenn ich unbegründet ein Risiko eingehe und mein gesundes Baby gefährdet wird?
Mit diesem Risiko widmen wir uns direkt den invasiven Methoden: Diese bringen zwar eine hohe Präzision in der Diagnose mit sich, aber sind durch die Risiken in der Pränataldiagnostik-Ethik stark in der Kritik. Die Risiken für Fehlgeburten mögen mit großteils unter einem Prozent zwar sehr gering sein … aber sie sind da! Außerdem ist die Wartezeit auf die Ergebnisse mit bis zu drei Wochen sehr lang und währenddessen kann die Bindung zum Baby leiden.
Leben mit einer ungewollten Gewissheit: Wie reagiere ich auf eine bestätigte Fehlbildung bei meinem Baby?
Die Gewissheit, dass dein Baby mit einer Chromosomenstörung oder einer schwerwiegenden Erkrankung zur Welt kommen wird, ist sicherlich in vielerlei Hinsicht belastend. Was in der Gefühlswelt werdender Eltern bei solch einer Diagnose geschieht, ist höchst individuell und kann an dieser Stelle nicht mit Worten beschrieben werden. In einer solchen Situation besteht die Möglichkeit, bei Überforderung oder Unsicherheit eine psychosoziale Beratung in Anspruch zu nehmen. Einige in einer der Broschüren der BZGA aufgeführte, hilfreiche Anlaufstellen sind:
- Caritas Deutschland: Beratung im Chat, per E-Mail und/oder vor Ort inkl. Anleitungen; hohe Nutzerfreundlichkeit auf der Website
- Diakonie Deutschland: deutschlandweite Suchfunktion zum Finden von Beratungsstellen vor Ort und Online-Beratungsstellen; Kontakt zunächst per E-Mail oder telefonisch
- donum vitae: Online-Beratung durch Fachpersonen nach Registrierung; außerdem deutschlandweite Beratungsstellensuche
- pro familia: Fragen werden über ein Formular gestellt, Antworten erfolgen innerhalb von 72 Stunden; außerdem werden Termine in Beratungsstellen vor Ort angeboten, die telefonisch festzulegen sind
- Beratung & Geburt VERTRAULICH: nach Registrierung Möglichkeit zur Nutzung von Einzelchats und E-Mail-Austausch für anonyme Beratungen
Natürlich ist eine Beratung durch deine Ärztin, deinen Arzt oder deine Hebamme ebenfalls eine Option. Zudem stellt eine Psychologin oder ein Psychologe eine geeignete Anlaufstelle dar. Welche Hilfe auch immer du für nötig erachtest – nimm sie in Anspruch.
Pränataldiagnostik – wie wird das gemacht?
Ein Großteil der Untersuchungen erfolgt über Ultraschall; also ein Untersuchungsverfahren, das du im Rahmen deiner Schwangerschaftsvorsorge ohnehin mehrmals durchführen lässt. Die invasiven Methoden der Pränataldiagnostik funktionieren durch die Entnahme von Körpergewebe oder Substanzen, wobei z. B. lange Kanülen durch den Bauch bis in die Fruchtblase eingestochen werden, um Fruchtwasser zu entnehmen.
Pränataldiagnostik – welche Krankheiten können beim Baby entdeckt werden?
In der Schwangerschaft häufigste Fehlbildungen sind eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, eine Hüftdysplasie, Klumpfüße und Herzfehler. In vielen Fällen sind die Herzfehler harmloser Natur und können nach der Geburt gut behandelt werden.
Wie sicher ist Pränataldiagnostik?
Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse variiert mit dem diagnostischen Verfahren. Bei den nicht-invasiven Methoden liegt die Zuverlässigkeit meist irgendwo zwischen 60 und 90 Prozent. Für eine Sicherheit von an die 90 % müssen mehrere nicht-invasive Methoden kombiniert werden, wie es z. B. beim Ersttrimesterscreening mit der Kombination von Ultraschall und Bluttest der Fall ist. Invasive Methoden sind mit bis zu 99 % Zuverlässigkeit in allen Fällen präziser.
Quellenverzeichnisse
[1] https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2301/Mu-RL_2020-08-20_iK-2020-11-24.pdf (letzter Abruf: 01.07.2021; 13:06 Uhr)
[2] https://www.tk.de/techniker/leistungen-und-mitgliedschaft/informationen-versicherte/leistungen/schwangerschaft-und-familie/leistungen-schwangerschaft-geburt/kostenuebernahme-inhalt-ultraschalluntersuchung-schwangerschaft-2007778 (letzter Abruf: 01.07.2021; 13:06 Uhr)
[3] https://www.aok.de/pk/uni/inhalt/schwangerschaft-vorsorgeleistungen/ (letzter Abruf: 01.07.2021; 13:06 Uhr)
[4] https://www.frauenarzt-poessneck.de/ersttrimesterscreening/#:~:text=Diese%20Untersuchung%20muss%20bei%20einer,21%2C%2013%2C18 (letzter Abruf: 22.05.2021; 16:08 Uhr)
[5] https://www.netdoktor.de/schwangerschaft/nackenfaltenmessung/ (letzter Abruf: 14.06.2021; 9:09 Uhr)
[6] https://www.klinikum-bochum.de/fachbereiche/gynaekologie-und-geburtshilfe/geburtshilfe/praenatale-ultraschalldiagnostik-ersttrimersterscreening-NT.html (letzter Abruf: 01.07.2021; 13:06 Uhr)
[7] https://www.klinikum-bochum.de/fachbereiche/gynaekologie-und-geburtshilfe/geburtshilfe/praenatale-ultraschalldiagnostik-ersttrimersterscreening-NT.html (letzter Abruf: 22.05.2021; 16:09 Uhr)
[8] https://www.bzga.de/infomaterialien/familienplanung/praenataldiagnostik-1/ (letzter Abruf: 03.07.2021; 13:12 Uhr)
[9] Pränataldiagnostik: Beratung, Methoden und Hilfen – Ein Überblick. Köln: Bundeszentrale für gesundheitspolitische Aufklärung, 2020.
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